[bigletter custom_class=““]Gib’ mir mein Baby zurück!“ Niemals hätte ich gedacht, solch eine Mutter zu werden. Vor meiner ersten Schwangerschaft glaubte ich daran, ein ganz anderer Typ von Mama zu sein.
Das Fitnessstudio hatte eine kostenlose Kinderbetreuung integriert, worauf ich mich bereits freute. Ich malte mir meinen Berufsstart in der freien Wirtschaft als fast Vollzeitarbeitende aus, deren Kind täglich 8 Stunden in einer Kita betreut wird. Ganz normal eben. Dachte ich. Und genau das ist der Punkt. Ich dachte so und malte mir vieles aus, weil ich noch nicht wusste, was das Muttersein in mir auslöste und wie es sich für mich anfühlen würde.[/bigletter]
Ich spürte plötzlich eine Art Unbehagen
Als mir innerhalb der Verwandtschaft vor der Geburt jemand einen Gefallen erledigte und daraufhin entgegnete: “Dafür bekommen wir aber deine Tochter für ein Wochenende!“, kam in mir ein seltsames Gefühl auf. Ich spürte plötzlich eine Art Unbehagen. Es klang falsch für mich, mein kleines Baby für ein Wochenende 100 km wegzugeben. Auch wenn es Verwandte waren.Es schien mir vor allem absurd, bereits vor der Geburt Termine zu vereinbaren, wo und wann mein Kind sein würde
Jegliche weitere Kommentare dieser Art prallten an mir ab. Mein Gefühl, dass ich mein kleines Baby wohl doch nicht so gern abgeben würde, verstärkte sich.
Als meine Tochter dann zur Welt kam, übermannten mich die Muttergefühle und ich entwickelte mich zu einer ganz anderen Mama wie ich mir selbst vor der Geburt vorstellte. Die Anmeldung in der Kita kurz nach der Geburt klang für mich völlig absurd. Mein kleines zauberhaftes Wesen dort abgeben? Ein Unding. Sie braucht mich doch so sehr.
An dieser Stelle möchte ich gleichzeitig anmerken, dass diese Handhabe jedem selbst überlassen ist, wann und wie viel man sein Kind fremd betreut oder woanders übernachten lässt. Ich verurteile niemanden, der es anders macht. Leben und leben lassen und vor allem soll es jeder so machen wie es der Familie passt!
Länger als 10 Minuten auf dem Arm, war mir zu lange.
Für uns war es jedoch nicht vorstellbar, die Kleine fremdbetreuen zu lassen, geschweige denn am Anfang sogar nur aus den Armen zu geben. Wenn jemand meine Tochter für länger als 10 Minuten auf dem Arm hatte, war das für mich zu lange. Ich wollte, dass man mir mein Baby zurückgab. Und vor allem dann, wenn sie weinte, aber Andere meinten, sie müssten ihr helfen. Auch konnte ich es nicht leiden, wenn mein Baby während Feierlichkeiten von Arm zu Arm wanderte. Wie im Streichelzoo empfand ich das ganze Theater.
Die Vorstellung, sie nach kurzer Zeit bereits für einige Stunden ebenso abzugeben, um mich zu entlasten: Unvorstellbar! Außer natürlich meinem Mann oder meiner eigenen Mama. Beiden überließ ich sie gerne. Hier war es kein Problem. Lieber hätte ich mir gewünscht, dass jemand gesagt hätte: “Geh raus mit deiner Tochter, ich übernehme den Haushalt und gehe einkaufen!“ . Aber die meisten in der Verwandtschaft waren an meiner Tochter interessiert, aber nicht an mir und meinen Gefühlen.
Da ich damals noch Vorlesungen an der Uni besuchte, konnte ich die Kleine mitnehmen oder mein Mann oder meine Mama übernahmen die Betreuung, gesetzt sie hatten Zeit zu meinen Terminen. Die Uni-Kita oder auch andere Verwandte wollte und musste ich somit gar nicht in Anspruch nehmen.
Ich weiß, dass sich viele Eltern wünschen und dankbar sein würden, wenn ihnen das Kind von Großeltern oder Verwandten abgenommen würde oder ihnen Freiheiten geschaffen werden. Für meinen Mann und mich persönlich fühlte es sich einfach nicht richtig an.
Da klar war, dass wir noch weitere Kinder wollen, musste und wollte ich nach meinem Studium Berufserfahrung in der Wirtschaft sammeln. Die Jobzusage kam prompt. Und ich hatte mit den Arbeitsstunden riesen Glück. Trotzdem musste mit dem Einstieg in den Job meine Tochter fremdbetreut werden. Mit meinem Mann und meiner Mama war es nicht mehr stemmbar und so gab ich sie zu einer Tagesmutter. Drei Vormittag zu je 4 Stunden. Den Rest meiner Arbeitszeit sprach ich mit meinem Mann ab.
Es war schwer für mich. Und wir suchten auch lange. Lange nach der passenden Tagesmutter. Einer Tagesmutter, die mir wohl gesonnen war. Eine, die mir vermittelte, mein Kind nicht wegnehmen zu wollen, im Sinne von „Ich verwöhne dein Kind nicht zu sehr, sondern hier herrschen Regeln. Ich spanne dir deine Tochter nicht aus!“
Eine, bei der ich mir sehr wohl fühlte und mein Kind schließlich auch gerne hingab. Letztendlich machte es mir nichts aus, sie dort abzugeben, obwohl sie sogar anfangs dort sehr weinte. Die Tagesmutter gab mir einfach ein gutes Gefühl.
Bei meinem Sohn ist es nun das Gleiche. Ich gebe ihn ungern aus der Hand, trage ihn liebend gerne bei mir.
Natürlich ernte ich dadurch strenge Blicke. Ich weiß auch, dass es einige in der Verwandtschaft nicht sehr begeistert, aber so ist es nun mal.
Bei meiner Tochter bin ich nunmehr entspannter. Sie kann sich selbst dazu äußern, ob sie etwas möchte oder nicht. Ob sie im Arm gehalten, angefasst oder gestreichelt werden möchte. Sie kann es zeigen und damit fällt es mir auch viel leichter.
Ihr müsst glücklich sein. Nicht die Anderen
Für mich war es immer schwer, zu sagen: “Gib` mir mal mein Baby zurück!“. Die seltsamen Blicke trafen mich bei meiner Tochter noch. Bei meinem Sohn bin ich nun selbstbewusster und bin einfach als Mutter wie ich bin.
Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass es vielen Mamas genauso geht und sie ähnliche Ängste und Gefühle haben. Ihre Sprösslinge ungern aus der Hand geben. Und diese kann ich nur bestärken, dass ihr nichts müsst, was ihr auch nicht wollt. Lebt eure Werte und Prinzipien. Ihr müsst glücklich sein. Nicht die Anderen! Lasst euch zu nichts drängen, handelt nach eurem Gefühl und vor allem nach dem Bedürfnis eurer Kinder.
Natürlich habe ich mich auch schon mal gefragt, ob ich vielleicht etwas übertrieben reagiere. Zum Einen beobachte ich dieses Phänomen jedoch öfter und zum Anderen liegt der Ursprung wohl auch etwas in meiner Vergangenheit. Berufsbedingt musste mich meine Mama von Klein auf leider ganz viel abgegeben und ich habe es gehasst. Es hat mich viele Tränen gekostet. Ein Gefühl, das tatsächlich bis heute in mir verankert ist. Und anstatt mir zu sagen, meine Eltern sind einfach nur arbeiten, sagte man mir, sie hätten keine Zeit für mich, um sich um mich zu kümmern. Eine Aussage, die mir immer wieder schmerzte. Das Herz brach. Weil ich es nicht verstand.
Das Verhältnis zu meinen Eltern ist heute dennoch gut und ich bin froh, dass meine eigene Mama meine Art der Erziehung und Handhabung mit meinen Kindern akzeptiert und zu 100% hinter mir steht. Für sie gehören meine Kinder zu mir und sie drängt bis heute nicht darauf, dass ihre Enkelkinder bei ihr übernachten sollen. Ich glaube zum Einen auch, weil sie es selbst heute anders machen würde als bei mir damals.
Ich möchte, dass meine Kinder selbst entscheiden, wann sie wohin möchten und bis dahin dürfen sie die Nähe ihrer Eltern voll und ganz genießen. Denn Babys müssen doch auch gar nicht abgeben werden, es sei denn man möchte es eben selbst so.
Nadine
November 26, 2019Ich dachte hier kommt wieder ein Bericht darüber, wie sehr man die Kinder immerzu liebt, das größte Glück Blabla, aber dieser Beitrag ließ tatsächlich 13 jährige verdrängte Erinnerungen bei mir wach werden.
Selbstverständlich liebe ich meine Beiden über Alles und tue, wie jede Mutter, alles für sie, aber ich werde grün im Gesicht wenn ich kitschig naive oder belehrende mit erhobenen Finger verfasste Beiträge zu diesem Thema lese.
Als mein Erstgeborener zur Welt kam wunderte ich mich auch darüber, dass sich meine engste Verwandtschaft mit dem Baby glucksend und glücklich aufs Sofa gekuschelt hat und der Meinung war, damit die körperlich völlig erschöpfte Mutter (ich) mit beginnender Mastitis im Haushalt zu entlasten. Ich habe damals nicht verstanden, was falsch an der Situation war.
Als knapp 5 Jahre später meine Tochter zur Welt kam, war die Luft so sehr draußen, dass mir meine Mutter nachdem ich nach Brust OP aus dem KKH zu Hause war nur mein Baby in die Hand drückte und der Motor ihres Autos schneller angesprungen war, als ich die Situation begriffen hatte. Ich dachte es wäre ihr eine Selbstverständlichkeit mir nach diesen schweren Tagen zu Hause zu helfen. Aber da man das Baby nun über die eigene Belastungskapazität hinaus aufs Auge gedrückt bekommen hatte, wenn auch unfreiwillig, war sie nur froh sie endlich wieder abzugeben. Der Verwandtschaft geht es in dem Moment nur um sie selbst und ihre vermeintlichen Ansprüche auf diese Momente nach eigenem Gutdünken. Nicht darum, die junge Familie selbstlos zu unterstützen. Deshalb braucht keine Mutter ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie in diesen Momenten ein ungutes Gefühl hat. Das Gefühl kommt nicht von Ungefähr. Sehr guter Beitrag